„EU-Marktzugang, wenn er der Schweizer Wettbewerbsfähigkeit dient“
Die Schweizerische Gewerkschaft des Kunstgewerbes hat eine Reihe von konkreten und umfassenden Vorschlägen formuliert, um den Stillstand der Verhandlungen mit Brüssel zu überwinden
Schweizer Unternehmen sind grundsätzlich dem Zugang zum Binnenmarkt der Europäischen Union verpflichtet. Auf einer Pressekonferenz machte der Schweizerische Kunstgewerbeverband jedoch deutlich, dass es um die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit des Landes gehen muss.
Sie darf nicht mit der Übernahme kostspieliger europäischer Regelungen und der Aufgabe der Schweizer Stärke und Souveränität einhergehen. Die Aufrechterhaltung und Stärkung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit muss das vorrangige Ziel bleiben.
Die USAM hat einen Forderungskatalog aufgestellt, um dieses Ziel auch ohne ein institutionelles Rahmenabkommen zu erreichen.
Fabio Regazzi, CVP-Nationalrat und Präsident des Schweizerischen Gewerbeverbandes, ist der Meinung, dass der aktuelle Entwurf der institutionellen Rahmenvereinbarung nicht ausreicht, um die Wettbewerbsfähigkeit des Bundes zu erhalten. Tatsächlich haben sich die Wirtschaft, aber auch einige Kantone, schon früh kritisch zu bestimmten Elementen des Abkommens geäußert.
Die strittigen Punkte und die rote Linie der Verhandlungen sind leicht erkennbar: die Rolle des Europäischen Gerichtshofs bei der Beilegung von Streitigkeiten, die flankierenden Maßnahmen zum Schutz des Arbeitsmarktes, die Richtlinie über die Rechte der EU-Bürger, das Beihilferegime und die sogenannte „Guillotine-Klausel“.
Es besteht kein Zweifel, dass der Zugang zum EU-Binnenmarkt ein wichtiges Element für die Wettbewerbsfähigkeit ist. Dieser Zugriff muss jedoch in einem angemessenen Kontext bewertet werden. Es ist eine von mehreren Methoden, um die Position der Schweiz zu erhalten und zu stärken.
„Wenn der Zugang zum europäischen Markt jedoch nur durch die Übernahme kostspieliger europäischer Regelungen möglich ist und gleichzeitig die Stärken und Souveränität der Schweiz aufgegeben werden, dann ist das kontraproduktiv. In dieser Form laufen wir Gefahr, unsere Wettbewerbsposition zu verlieren„, sagte Fabio Regazzi gegenüber den Medien.
Eine einseitige Übernahme von EU-Recht oder eine automatische Anpassung an EU-Standards kann nicht ohne Zugeständnisse oder Kompensationen seitens der EU akzeptiert werden.
Projekte wie „Swisslex 2.0“ oder „Stabilex 2.0“ haben bereits solche einseitigen Zugeständnisse an die EU gezeigt. Der Präzedenzfall der Börsenäquivalenz hat jedoch gezeigt, dass solche Zugeständnisse an sich nicht geeignet sind, Brüssel zufrieden zu stellen.
Sollten die Verhandlungen über das institutionelle Rahmenabkommen und damit über den Marktzugang scheitern, könne die Wettbewerbsfähigkeit auch mit anderen Mitteln erhalten und ausgebaut werden, schloss der USAM-Präsident.
Die Stärkung des Binnenmarktes bleibt oberste Priorität für Bern
„Ein geeignetes institutionelles Arrangement ist nur eine Möglichkeit, die Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz zu stärken. Der wahre Weg nach vorne ist die Stärkung des heimischen Marktes in Kombination mit der internationalen Positionierung des Landes in einem wettbewerbsintensiven Umfeld„, sagte USAM-Direktor Hans-Ulrich Bigler.
Für die Schweizer Wirtschaft ist der effektivste Weg, die Wettbewerbsfähigkeit und Produktivität der Unternehmen zu fördern, die Einführung einer Regulierungsbremse, die verlangt, dass Gesetzesvorlagen, die zu mehr Bürokratie führen oder mehr als 10.000 Unternehmen betreffen, dem Parlament vorgelegt und von diesem mit qualifizierter Mehrheit verabschiedet werden müssen.
Die Kosten der Regulierung werden derzeit auf rund 70 Milliarden CHF pro Jahr geschätzt. Unternehmen können diese Kosten nicht beeinflussen und auch nicht durch Einsparungen in anderen Bereichen ausgleichen.
Allein die Vermeidung unnötiger Regulierungskosten würde die Produktivität in der gesamten Wirtschaft erhöhen und wäre selbst ein Wachstumsprogramm, das Arbeitsplätze schaffen und erhalten würde.
Die Anpassung des Arbeitsrechts an die Bedürfnisse eines sich verändernden Arbeitsmarktes ist ein weiterer Eckpfeiler der Revitalisierungsagenda. Die Flexibilität des Arbeitsmarktes ist eine der größten Stärken des Wirtschaftsstandortes Schweiz.
Sie wird jedoch durch die strengen Schutzmaßnahmen des Arbeitsrechts behindert. Letztere sollten an die Realitäten einer zunehmend digitalisierten und flexiblen Arbeitswelt angepasst werden.
Außerdem muss das Gleichgewicht der sozialen Sicherungssysteme wiederhergestellt werden, indem ihre Leistungen mit ihrer Finanzierung in Einklang gebracht werden. Steigende Lohnnebenkosten und Mehrwertsteuern untergraben die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Wirtschaft.
Die Einführung einer Schuldenbremse in der Sozialversicherung muss auch deren langfristige Finanzierung, insbesondere für zukünftige Generationen, sicherstellen.
Die Schweiz ist bekannt für die Qualität ihrer Arbeit. Diese Eigenschaften sind eng mit dem Berufsbildungssystem der Schweiz verbunden, das eine Schlüsselrolle für die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Wirtschaft spielt.
Abschließend sprach Hans-Ulrich Bigler über die Digitalisierung, die die Wirtschafts- und Verwaltungsstrukturen verändert und damit zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz beiträgt. Allerdings könnten die KMUs nur dann von dieser Veränderung profitieren, wenn der Übergang in einem freien Umfeld stattfände.
Gerade für die Digitalisierung gilt der Grundsatz der Wirtschaftsfreiheit: „Alles, was nicht ausdrücklich gesetzlich verboten oder geregelt ist, ist erlaubt“, schloss der USAM-Direktor zu diesem Punkt.
Eine internationale Positionierung abseits von Europa
André Berdoz, Vizepräsident der USAM, betonte, dass die Schweiz ein attraktiver internationaler Partner in den Bereichen Warenhandel, Investitionen, Forschung und Bildung ist und als solcher neue Freihandelsabkommen aushandeln oder bestehende revitalisieren und modernisieren kann. Als fünftgrößte Volkswirtschaft der Welt ist auch das Vereinigte Königreich, in das die Schweiz netto exportiert, sehr attraktiv.
Die USAM würde auch eine noch aktivere Rolle der Schweiz in der Diplomatie und in internationalen Gremien begrüßen, wo sie ihre Interessen am besten vertreten kann.
„Gute Dienste“ sollten daher zumindest indirekt mit Gegenleistungen oder der Bereitstellung entsprechender Garantien verbunden sein.
Ausgaben- und Schuldenbremsen sind Teil des Schweizer Erfolgsmodells. Der Steuerwettbewerb hält die Steuern relativ niedrig und verbessert gleichzeitig die Qualität der öffentlichen Dienstleistungen.
Die Schweiz ist mit dieser Politik nicht allein. Eine Allianz gleichgesinnter Länder könnte ihre Bedenken in internationalen Foren äußern und gegenteilige Initiativen blockieren.
Der USAM-Vizepräsident skizzierte einen Weg, wie die Schweiz mit einem möglichen Scheitern der Verhandlungen zum Rahmenabkommen mit der EU umgehen könnte. Er sagte, dass die Schweiz über dieses Thema in einer mittel- und langfristigen Perspektive nachdenken sollte.
Die USAM unterstützt die Modernisierung des Freihandelsabkommens von 1972, was auch im Interesse der Europäischen Union ist. Die Schweiz ist Kunde der EU, Nettoimporteur aus verschiedenen Ländern und der neuntgrößte Exportmarkt für Deutschland.
Es ist nicht im Interesse der EU, ihr die Tür vor der Nase zuzuschlagen.
Das Freihandelsabkommen muss Lösungen in den Bereichen Ursprungsregeln, Ursprungskumulierung, Zoll, Lieferformalitäten, Transport und freier Warenverkehr finden.
Und mit der „Kohäsionsmilliarde“ hat die Schweiz endlich einen Hebel, den sie einsetzen kann. Möglich ist auch eine Erhöhung des Beitrags zur Entwicklung des Binnenmarktes, um von der EU Kompromisse zu erhalten, z.B. zur Sicherung der Teilnahme an Forschungsprogrammen.
„Wie Sie sehen, meine Damen und Herren, ist die internationale Zukunft der Schweiz gesichert, selbst wenn die Verhandlungen über dieses Rahmenabkommen scheitern sollten„, schloss André Berdoz.