Starker Anstieg der Strompreise in der Schweiz 

Die Eidgenössische Elektrizitätskommission (ElCom) rechnet für das kommende Jahr mit einer deutlichen Erhöhung der Stromtarife und möglichen Versorgungsunterbrüchen im kommenden Winter.

Die Welt in einer Glühbirne

Die Entwicklung der Stromgroßhandelspreise zeigt einen noch nie dagewesenen Anstieg seit August 2021, der auf die stark gestiegenen Preise in Europa zurückzuführen ist, die vor allem durch die im Zuge des Ukraine-Russland-Krieges massiv gestiegenen Gaspreise verursacht wurden. Auch der starke Anstieg der Kohle- und CO2-Preise sowie die unterdurchschnittliche Verfügbarkeit der französischen Kernkraftwerke in den letzten Monaten haben die Entwicklung beeinflusst.

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Auswirkungen auf die Tarife

Mit einiger Verzögerung wird sich der Preisanstieg auf dem Markt im Jahr 2023 auch auf die Endkunden der Grundversorgung auswirken, da viele Verteilernetzbetreiber einen Großteil ihres Stroms auf dem Markt einkaufen. Die höheren Einkaufskosten werden dann auf die Tarife der Grundversorgungskunden umgelegt. Gegenwärtig ist es schwierig, Vorhersagen über das Ausmaß der Erhöhungen der Energietarife der Verteilernetzbetreiber im Jahr 2023 zu treffen, auch weil Unterschiede zwischen den verschiedenen Anbietern zu erwarten sind. Eine Erhöhung der Tarife hängt nicht nur von der weiteren Preisentwicklung auf dem Markt ab, sondern auch von der jeweiligen Beschaffungsstrategie und dem Produktionsportfolio der Stromversorgungsunternehmen (EVU). Generell lässt sich sagen, dass der Anstieg der Tarife langfristig umgekehrt proportional zum Eigenerzeugungsanteil eines Stromversorgungsunternehmens und zum Anteil der auf dem Markt eingekauften Energie sein wird.

Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass der Anteil der Energie am Stromtarif eines durchschnittlichen Haushalts etwa 38 Prozent ausmacht. Der Stromtarif setzt sich zusammen aus dem Energiepreis, dem Netznutzungsentgelt, den kommunalen und kantonalen Abgaben und dem vom Bund erhobenen Netzzuschlag. Preiserhöhungen im Grosshandel wirken sich vor allem auf den Energiepreis aus.

Steigende Energiekosten

ElCom-Umfrage zu geplanten Energietariferhöhungen

Die ElCom hat im Mai 2022 bei 613 Elektrizitätsversorgungsunternehmen eine Umfrage zu den geplanten Tariferhöhungen durchgeführt (Rücklauf: 172 AAE-Antworten). Gemäss den Ergebnissen erwarten die meisten Netzbetreiber für das nächste Tarifjahr je nach Bezugsprofil eine durchschnittliche Erhöhung der Energietarife von rund 47 Prozent (gewichtet). Dies wird Großverbraucher und Haushalte gleichermaßen treffen. Für einen Haushalt mit fünf Zimmern und einem durchschnittlichen Jahresverbrauch von 4’500 Kilowattstunden würde dies eine Erhöhung des Strompreises von rund 21 Rappen pro Kilowattstunde im Jahr 2022 auf knapp 25 Rappen pro Kilowattstunde im Jahr 2023 bedeuten, was Mehrkosten von rund 180 Franken pro Jahr entspricht. Unternehmen mit einem Jahresverbrauch von 150’000 Kilowattstunden müssen mit Mehrkosten von rund 6’000 Franken (ohne Mehrwertsteuer) rechnen. Im Einzelfall können die Unterschiede aber noch grösser sein.

Die definitiven Strompreise für die Endkunden der Grundversorgung werden von den Versorgern bis Ende August bei der ElCom eingereicht und von dieser Anfang September publiziert.

Die ElCom weist darauf hin, dass die Elektrizitätsversorgungsunternehmen innerhalb des bestehenden gesetzlichen und regulatorischen Rahmens die Möglichkeit haben, freiwillige Massnahmen zu ergreifen, um die Preiserhöhungen abzufedern. So könnte die in der Schweiz produzierte Energie aus erneuerbaren Quellen zum Selbstkostenpreis statt zum Marktpreis verrechnet werden, die Gewinne könnten kurzfristig reduziert und die Unterdeckungen aus den Vorjahren tarifneutral abgeschrieben werden, statt sie in die Tarife 2023 einzurechnen.

Versorgungssicherheit Winter 2022/2023

Für die Versorgungssicherheit im kommenden Winter sind nicht nur die Verfügbarkeit der heimischen Kernkraftwerke, sondern vor allem die Exportkapazitäten der Nachbarländer von Bedeutung.

Aufgrund der zu erwartenden geringen Verfügbarkeit der französischen Kernkraftwerke auch in den kommenden Wintermonaten ist davon auszugehen, dass die Importmengen aus Frankreich in diesem Zeitraum deutlich geringer ausfallen werden und die Preise für den Winter 2022/23 deutlich höher sind als die von Deutschland und der Schweiz. Der strukturelle Importbedarf der Schweiz von rund vier Terawattstunden im Winterhalbjahr wird daher voraussichtlich hauptsächlich durch Importe aus Deutschland, Österreich und Italien gedeckt werden müssen. Die Exportkapazitäten dieser Länder sind jedoch wiederum stark von der Verfügbarkeit fossiler Energieträger abhängig.

Die gute Verfügbarkeit der Schweizer Kernkraftwerke und der geringere Verbrauch der Industrie angesichts der anhaltend hohen Preise wirken sich jedoch mildernd aus. Im Vorfeld des nächsten Winters haben zudem die Vorarbeiten begonnen, um neben dem Vorbezug von Regelenergie erstmals eine Wasserkraftreserve zu sichern.

Bis zum nächsten Winter bleiben deshalb einige Unsicherheiten bezüglich der Versorgungslage bestehen.

An der Jahrespressekonferenz präsentierte die ElCom auch ihren Tätigkeitsbericht und den Bericht zur Versorgungsqualität 2021. Die Dokumente können auf der Website der ElCom eingesehen werden (www.elcom.admin.ch).

Una centrale idroelettrica
Wasserkraftwerk

ElCom in Kürze

Die Eidgenössische Elektrizitätskommission (ElCom) ist die staatliche und unabhängige Aufsichtsbehörde für den Elektrizitätsbereich. Sie überwacht die Einhaltung des Stromversorgungsgesetzes und des Energiegesetzes und erlässt die dazu notwendigen Entscheide.

Die ElCom überwacht die Strompreise und entscheidet als gerichtliche Instanz bei Divergenzen beim Netzzugang. Zudem überwacht sie die Situation der Stromversorgungssicherheit und regelt Fragen des Stromtransports und des internationalen Stromhandels. Schliesslich entscheidet die ElCom über Streitigkeiten, die sich aus der Vergütung für die Rücknahme von eingespeistem Strom ergeben, sowie über Streitigkeiten zwischen Netzbetreibern und ihren eigenen Verbrauchern. Die Mitglieder der ElCom werden vom Bundesrat ernannt und sind von der Elektrizitätswirtschaft unabhängig.

Die ElCom ist der staatliche und unabhängige Regulator der Elektrizitätswirtschaft. Sie überwacht die Einhaltung des Stromversorgungsgesetzes und erlässt die notwendigen Entscheide. Die ElCom überwacht die Strompreise und entscheidet über Abweichungen im Bereich des Netzzugangs.

Quelle: Elcom ch