Das Windenergiepotenzial in der Schweiz ist viel höher als bisher angenommen
In der Schweiz könnten 29,5 Terawattstunden (TWh) pro Jahr aus Windenergie erzeugt werden, davon allein 19 TWh im Winterhalbjahr. Dies zeigt eine neue Studie zur Ermittlung des Windenergiepotenzials in der Schweiz, die das Bundesamt für Energie (BFE) bei der Meteotest AG in Auftrag gegeben hat. Würden 30 Prozent dieses nachhaltig nutzbaren Potenzials ausgeschöpft, was rund 1’000 Windkraftanlagen entspricht, könnten im Land pro Jahr 8,9 TWh Windstrom produziert werden, im Winter 5,7 TWh.
2012 wurde letztmals berechnet, wie viel Windenergiestrom in der Schweiz produziert werden könnte. Seither haben sich die Technik der Windenergieanlagen aber auch die politischen Rahmenbedingungen stark verändert. Aus diesem Grund hat das Bundesamt für Energie die Firma Meteotest AG in Bern beauftragt, eine aktuelle Studie zum Windenergiepotenzial zu erstellen.
Die Studie zeigt, dass das gesamte nachhaltige Windenergiepotenzial bei 29.5 TWh pro Jahr liegt, davon 19 TWh im Winter. Der Grossteil dieses Potenzials liegt im Mittelland mit 17.5 TWh. Im Jurabogen und in den grossen Alpentälern könnten zusammen über 7.8 TWh, sowie im Alpenraum über 4.2 TWh pro Jahr produziert werden.
Schon ein Teilausbau von 30% des gesamten Windenergiepotenzials – das entspricht rund 1’000 Windenergieanlagen – könnte wesentlich zu einer sichereren Stromversorgung der Schweiz und zu einer Verringerung der Auslandabhängigkeit beitragen. Dieser Teilausbau würde eine Windstromproduktion von 8.9 TWh pro Jahr ermöglichen, davon 5.7 TWh im Winter. Zum Vergleich: Das Kernkraftwerk Gösgen hat eine Jahresproduktion von rund 8 TWh.
Die grosse Steigerung des Windenergiepotenzials gegenüber 2012 – damals ging man von einem Potenzial von 3.7 TWh pro Jahr aus – liegt einerseits im enormen technischen Fortschritt bei den Windenergieanlagen begründet: Die heutigen Windenergieanlagen sind höher, haben deutlich grössere Rotoren und produzieren damit ein Mehrfaches im Vergleich zu den älteren Anlagen. Andererseits haben sich die politischen Rahmenbedingungen gegenüber 2012 verändert: Mit der Zuerkennung des nationalen Interesses für Windparks mit einer Produktion von mehr als 20 Gigawattstunden (GWh) pro Jahr wird auch das Windenergiepotenzial im Wald (14.8 TWh/Jahr) und in den BLN-Gebieten (3.0 TWh/Jahr) nutzbar.
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Methodik
Für die Studie wurde auf Basis des technischen Potenzials, das alle bebaubaren Flächen ohne bewohnte Gebiete und nicht erschlossene Gebiete umfasst, mittels GIS-Analysen in vier Schritten das nachhaltige Potenzial bestimmt:
- Ausschluss von geschützten Gebieten gemäss Konzept Windenergie des Bundes (Moore und Moorlandschaften, Wasser- und Zugvogelreservate, Biotope von nationaler Bedeutung, Kernzone Nationalpärke, Kerngebiete Bartgeier und Auerhuhn, UNESCO-Welterbestätten, etc.).
- Ausschluss aller bewohnten Gebiete mit einem zusätzlichen Puffer von 300 Metern zur Berücksichtigung des Lärmschutzes.
- Ausschluss aller Gebiete, die gemäss Windatlas 2019 über zu wenig Windenergieproduktion verfügen. Die Gebiete im Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler BLN wurden nicht ausgeschlossen, jedoch gelten für diese Gebiete höhere Anforderungen an die Windenergieproduktion.
- Einschränkungen durch geheime Anlagen des VBS oder Störungen von Flugsicherungsanlagen können nicht abschliessend kartografisch dargestellt werden: Zur Berücksichtigung dieser Einschränkungen wurde vom Gesamtpotenzial 15% abgezogen.
Windenergie in Kürze
Windkraftanlagen nutzen die kinetische Energie der Luftströmung, um die Generatorblätter in Drehung zu versetzen, die diese mechanische Energie in elektrische Energie umwandeln.
Die erste Windkraftanlage der Schweiz mit einer Leistung von 28 kW wurde 1986 in Soolhof (Langenbruck) in Betrieb genommen. Im Jahr 2020 gab es in der Schweiz fast 40 grosse Windkraftanlagen mit einer Gesamtproduktion von rund 140 Gigawattstunden (GWh) Strom pro Jahr. Der größte Windpark befindet sich auf dem Mont Croisin im Berner Jura bei St. Imier, wo 16 Windturbinen mit einer Gesamtleistung von 37,2 MW installiert sind. Weitere grosse Anlagen befinden sich im Rhonetal (VS), bei Entlebuch (LU) und auf dem Gütsch oberhalb von Andermatt (UR).
Die Schweizer Windkraftwerke produzieren zwei Drittel ihres Stroms im Winterhalbjahr, also genau dann, wenn sie am meisten für Heizung und Beleuchtung gebraucht werden. Damit ist die Windenergie eine ideale Ergänzung zu Wasserkraftwerken und Photovoltaikanlagen, die den meisten Strom im Sommer produzieren.
Quelle: bfe.admin.ch