Sechseläuten – das Zürcher Frühlingsfest

Das Sechseläuten (zürcherisch: Sächsilüüte) ist ein Fest mit 100-jähriger Tradition zum Frühlingsanfang in Zürich, das jedes Jahr Mitte bis Ende April stattfindet. Neben den Zunftmitgliedern in historischen Kostümen gibt es Spielmannszüge, Pferde, Blumen, Fahnen und den „Böögg“.

Sechseläuten ©Zürich Tourism

Am Montagnachmittag findet der Festumzug der Gesellschaft für die Constaffel und der 25 Zürcher Zünfte statt. Rund 3’500 Zunftmitglieder in ihren Trachten, Kleidern und Uniformen, ihre Ehrengäste, über 350 Reiterinnen und Reiter, rund 50 ausschliesslich mit Pferden bespannte Kutschen und rund 30 Musikgruppen marschieren im Gegenmarsch durch die Bahnhofstrasse und das Limmatquai zum Sechseläutenplatz beim Bellevue. Die Reihenfolge der Umzüge wird jedes Jahr im November von Delegierten des Zentralausschusses der Zürcher Korporationen (ZZZ) festgelegt. Die Zünfte „zum Weggen“, „zum Kämbel“ und „Wiedikon“ werden aufgrund ihrer grossen Reitergruppen in einem festgelegten Rotationsmodus an erster bzw. letzter Stelle des Zuges platziert. Angeführt wird der Umzug der Zünfte von der Stadtpolizei Zürich, der ZZZ und den Bannern der gastgebenden Gemeinden und Kantone. Die Zunftmitglieder und Ehrengäste werden von den Zuschauern mit Blumen und Küssen bedacht.

Sechselaeuten ©Zürich Tourism

Das heutige Sechseläuten lässt sich auf drei verschiedene Wurzeln zurückführen:

  1. Die erste Wurzel geht auf die Zürcher Zünfte zurück, die als politische, militärische, soziale und wirtschaftliche Institutionen die Geschicke der Stadt seit über 450 Jahren lenken und bestimmen. Sie sind die Träger des Zürcher Frühlingsfestes. Die alte Gewerbeordnung der Zünfte bestimmte die Arbeitszeiten der Handwerker.
  2. Die zweite Wurzel des Sechseläutens hängt damit zusammen, dass im Sommer die „Sechs-Uhr-Glocke“ das Ende der Arbeitszeit anzeigte, während im Winter wegen der Lichtverhältnisse nur bis fünf Uhr gearbeitet werden konnte.
  3. Die dritte Wurzel ist ein heidnischer Brauch, nämlich das Verbrennen des Winters als Symbol für den Beginn der wärmeren Jahreszeiten.

Geschichte des Festes

Im 16. Jahrhundert verfügte der Zürcher Rat, der damals ausschliesslich aus Zunftmitgliedern bestand, dass der Arbeitsschluss im Sommer eine Stunde später erfolgen sollte als im Winter.

Am ersten Montag nach der Tagundnachtgleiche läutete die zweitgrösste Kirchenglocke des Grossmünsters pünktlich um 18 Uhr den Frühlingsanfang ein. Von diesem Tag an wurde bis zum Spätherbst eine Stunde länger gearbeitet. Seither wird die „Sächsilüüte“ (Sechs-Uhr-Läuten) immer gefeiert.

L'antico duomo Grossmünster di Zurigo
The former Grossmünster cathedral in Zurich 

Der Böögg

Der eigentliche Star des Festes ist der „Böögg„, was soviel bedeutet wie „Masken- und Kapuzenfigur“ (vgl. „Fasnachts-Bögg“): Er ist ein künstlicher Schneemann, der mit Holzwolle und Feuerwerkskörpern gefüllt ist und den Winter symbolisiert. Wenn die Kirche im Grossmünster um sechs Uhr läutet, wird sie in Brand gesetzt, und es heisst, je früher der Kopf voller Feuerwerkskörper explodiert, desto schöner wird der Sommer. Eine Dauer von 5 bis 12 Minuten deutet auf einen sonnigen und warmen Sommer hin. Außerhalb dieses Zeitrahmens sind die Sommermonate eher regnerisch.

Am Montag der Veranstaltung wird das Feuerwerk um Punkt 18 Uhr auf dem Sechseläutenplatz gezündet. Als Symbol für den Winter soll das Feuer den Frühling willkommen heißen. 

Böögg

Zwischenfälle und besondere Ereignisse:

  • 1921 zündete ein Junge, vermutlich von Kommunisten angestiftet, bereits um 13.30 Uhr den Böögg an.
  • 1944 fand das Sechseläuten im Hafen von Enge statt, da auf der Sechseläutenwiese Gemüse angepflanzt worden war. Bei dieser Ausgabe fiel der „Böögg“ in den Zürichsee.
  • In den Jahren 1950, 1960, 1993 und 1994 fiel der „Böögg“ vom Scheiterhaufen, bevor sein Kopf explodierte.
  • Im Jahr 2006 wurde der „Böögg“ von der Gruppe „1. Mai – Strasse frei“ gestohlen, tauchte am 1. Mai-Fest auf dem Helvetiaplatz wieder auf und wurde nach einem zweiten Verschwinden im Keller eines Schulhauses gefunden. Dank einem Ersatz-Böögg, der seinen Kopf zur Verfügung stellte, wurde das Sechseläuten trotzdem durchgeführt.
  • Im Jahr 2020 wurde das Sechseläuten wegen des Coronavirus nicht durchgeführt.
  • 2021 wurde der Böögg zum ersten Mal in seiner Geschichte nicht in Zürich verbrannt. Um Versammlungen zu vermeiden, wurde er in der Schöllenenschlucht im Kanton Uri angezündet.
Sechselaeuten ©Zürich Tourism

Gastkanton

Seit 1991 lädt der Zentralvorstand der Zürcher Zünfte anlässlich des 700-Jahr-Jubiläums der Schweizerischen Eidgenossenschaft jedes Jahr einen Kanton als Gast am Sechseläuten ein. Der Gastkanton präsentiert sich im Lindenhof mit einer Ausstellung, einem bunten Unterhaltungsprogramm und kulinarischen Spezialitäten. Am Kinderumzug und am Umzug der Zünfte zum Lagerfeuer nimmt der Gastkanton mit einer eigenen Delegation und traditionellen und typischen Umzugsgegenständen teil.

Dieses Jahr ist der Kanton Uri Gastgeber des Sechseläutens in Zürich. Während dieses Anlasses hat der Kanton die Möglichkeit, ein Stück Uri nach Zürich zu bringen und sich während vier Tagen in Zürich zu präsentieren und dabei nicht nur kulturelle, sondern auch kulinarische Spezialitäten anzubieten.

Sechselaeuten ©Zürich Tourism