Mehr Föderalismus bedeutet höheres Bruttoinlandsprodukt
Das Ergebnis einer Analyse von BAK Economics für die Versammlung der Regionen Europas und das Institut für Föderalismus über sechs führende Territorien zwischen Baden und Friaul
Eine Studie des Schweizer Instituts BAK Economics geht der Frage nach, ob Länder und Regionen, die über mehr Kompetenzen verfügen, wirtschaftlich erfolgreicher sein können als andere und welche Kompetenzen für den wirtschaftlichen Erfolg verantwortlich sind.
Die Arbeit basiert zum einen auf einer umfassenden Studie des etablierten Basler Studienzentrums mit dem Titel „Durch Subsidiarität zum Erfolg“, die im Auftrag der Versammlung der Regionen Europas (VRE) durchgeführt wurde, und zum anderen auf einem Vergleich der Kompetenzen von sechs überdurchschnittlich erfolgreichen europäischen Regionen in fünf Ländern, der speziell für das Institut für Föderalismus in Innsbruck in Zusammenarbeit mit der Foster Europe Foundation erstellt wurde.
Unter der Linse von Peter Bußjäger, Georg Keuschnigg und Stefan A. Lütgenau waren Baden-Württemberg für Deutschland, Aargau für die Schweiz, Katalonien für Spanien, Friaul-Julisch Venetien für Italien sowie Salzburg und Tirol für Österreich.
Regionale Kompetenzverteilung und wirtschaftlicher Erfolg – Studie der BAK Basel Economics AG
Ein Poker der Attribute immer zum Vergleich nötig
Für den Vergleich wurden vier Kompetenzbereiche identifiziert: die der Besteuerung auf regionaler Ebene sowie die Entscheidungs- und Umsetzungskompetenzen in den Politikfeldern Infrastruktur, Bildung und Forschung sowie die Fähigkeit, die Lebensqualität der Bewohner zu gestalten.
Vereinfacht ausgedrückt kommt die Studie zu dem Schluss, dass es einen wichtigen direkten Zusammenhang zwischen Kompetenzen, verstanden als die Fähigkeit einer Region, ihre Gesetzgebung selbst zu bestimmen, und Wohlstand gibt, dass es aber auch einen abnehmenden Grenznutzen der Dezentralisierung gibt und dass sich ein optimaler Mix von Kompetenzen identifizieren lässt, der zum Erfolg führt.
Wie sieht das optimale Zusammenspiel zwischen der staatlichen und der lokalen Ebene aus?
Dieser Artikel bewegt sich in einem Bereich, der von der wissenschaftlichen Forschung bisher zu wenig beachtet wurde. Was sind die bejahenden Faktoren bei der Weiterentwicklung von regionalen Lebensräumen? Wer ist für die wirtschaftliche Entwicklung verantwortlich: der Nationalstaat oder die Regionen? Wie sollte das optimale Zusammenspiel zwischen staatlicher und lokaler Ebene gestaltet sein?
Ausgehend von den österreichischen Beispielen stellt sich die Frage: Ist der Tiroler Tourismus Teil eines globalen Wettbewerbs oder der österreichische Tourismus im weiteren Sinne? Das „Hochspezialisierte“ ist wohl die richtige Antwort.
Ist der Tiroler Wintertourismus der Motor der Entwicklung, oder ist es der Durchschnittstourismus von Tirol, Oberösterreich und dem Burgenland zusammen? Das Gleiche gilt für die industrielle Stellung des zweiten dieser Gebiete oder für den Städtetourismus in Wien.
Vorgelagert ist die Frage nach der Gestaltungskraft der Regionen und der Realität. Der Tiroler Dienstleistungsmarkt hat einen ganz anderen Regelungs- und Organisationsbedarf als der Gewerbe- und Industriebereich in Oberösterreich.
Sind die beiden Regionen und ihre Bedürfnisse am besten mit einer österreichischen Arbeitsmarktverwaltung bedient, die zwangsläufig einheitliche Rahmenbedingungen für alle schaffen muss? Oder braucht es eine zentrale regionale Wirtschaftsförderungsagentur?
Wenn man davon ausgeht, dass der Erfolg der wohlhabendsten Regionen auch für das nationale Gesamtergebnis gut ist, sollte man intensiver darüber nachdenken, welche Instrumente die Regionen brauchen, um das Beste aus den dort vorhandenen Bedingungen machen zu können.
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Ein spezieller Dezentralisierungsindex zur Verfeinerung der Forschung
Schon ein Blick auf den von BAK Economics in Basel erstellten Dezentralisierungsindex zeigt, um welche Funktionen es geht. Er unterscheidet zwischen administrativer Dezentralisierung (Management), funktionaler Dezentralisierung (Entscheidungs- und Umsetzungsbefugnisse), politischer Dezentralisierung (regionaler Einfluss und seine Instrumente) und finanzieller Dezentralisierung (Einnahmen- und Ausgabenhoheit).
Als ein einziges Beispiel für die Wirkungsweise „regionaler Kräfte“ sei die Forschungsmethodik genannt. BAK Basel versuchte, anhand objektiver Kriterien (Shanghai-Index, Anzahl Patente etc.) zu bestimmen, wie zentral oder dezentral die Forschung vor Ort vertieft werden sollte.
Das Ergebnis: Grundlagenforschung erfordert die Bündelung von wissenschaftlichen und finanziellen Ressourcen und wird besser zentral geregelt und gefördert.
Angewandte Forschung hingegen bezieht ihre Impulse aus der engen Rückkopplung mit der regionalen Wirtschaft und erzielt bessere Ergebnisse, wenn sie dezentral betrieben wird.
Direkte Korrelation zwischen Föderalismus, Dezentralisierung und Wohlfahrt
Die Schlussfolgerungen, die aus der Arbeit von BAK Economics gezogen werden, sind recht erhellend. Die Länder, die den Index der politischen und administrativen Dezentralisierung anführen, sind alle föderalistisch organisiert und gehören auch in wirtschaftlicher Hinsicht zur Weltspitze: Die Schweiz, Deutschland, die Vereinigten Staaten, Kanada und Belgien.
Die Tatsache, dass Österreich zwar eine föderale Verfassung hat, diese aber sehr zentralistisch umgesetzt wird, fällt im Vergleich der sechs europäischen Regionen ebenso auf wie die Tatsache, dass die Regionen der führenden föderalen Länder Europas, Deutschland und die Schweiz, dieses Ranking ebenfalls anführen.
Brisant ist auch die Gesamtaussage: Länder mit einem höheren Dezentralisierungsindex haben auch ein höheres Bruttoinlandsprodukt.
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Selbstständig entscheiden ist besser als die Entscheidungen anderer umsetzen
Eine Binsenweisheit, aber von großer Bedeutung, ist der Hinweis, dass die Kompetenz, eigenständig Entscheidungen zu treffen, einen positiveren Einfluss auf das Ergebnis hat als die bloße Umsetzung von anderweitig getroffenen Entscheidungen.
Das Institut für Föderalismus in Innsbruck hat in seiner Studie „Der Bund und seine Ressorts“ unter anderem die volkswirtschaftliche Bedeutung von Standortentscheidungen der öffentlichen Verwaltung untersucht.
Mit der vorgelegten Arbeit setzt das IFÖ einen weiteren Akzent auf das Zusammenspiel von Regierungs- und Regionalpolitik und die tatsächliche Verortung, die es lohnt, aufmerksam zu lesen, auch wenn sie in deutscher Sprache verfasst ist.
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