Luftschutzräume und Notfallmanagement in der Schweiz
Die Schweiz ist das einzige Land der Welt, das über Schutzräume verfügt, die im Ernstfall die gesamte Bevölkerung aufnehmen können
Der Bau von Luftschutzbunkern begann mit der Verbreitung von Atomwaffen. Vor allem während des Kalten Krieges wurde ihr Bau in vielen Ländern, darunter auch in der Schweizerischen Eidgenossenschaft, zur Pflicht.
Dieser Raum wird normalerweise als Keller, Hobbyraum, Taverne, Sauna oder Lagerraum genutzt, ist aber mit einer dicken Panzertür mit einem Belüftungssystem ausgestattet, das durch einen Gasfilter ergänzt wird und in der Lage ist, die Bewohner des Hauses oder der Wohnung unterzubringen und sogar im Falle eines Atomangriffs zu schützen.
Der Zivilschutz sorgt durch regelmäßige Überwachungskampagnen dafür, dass die Bunker in gutem Zustand gehalten werden. Die privaten Bunker müssen über eine funktionierende Belüftung und Betten verfügen und im Ernstfall innerhalb von höchstens fünf Tagen einsatzbereit sein.
Unerlaubte bauliche Veränderungen oder Renovationen sind strengstens verboten, und bei Zuwiderhandlungen sind Bussen bis zu 5’000 Franken und die Einleitung eines Missbrauchsverfahrens vorgesehen. Die Möglichkeit, einen Schutzraum zu schließen, wird nur aus unvermeidlichen Gründen eingeräumt, z. B. für den Bau eines Aufzugs oder eines Heizkessels.
Das Bundesgesetz über den Schutz der Bevölkerung und den Katastrophenschutz schreibt vor, dass jeder Einwohner über einen Schutzraum verfügen muss. Aus diesem Grund sind die seit den 1960er Jahren errichteten Gebäude mit einem Schutzraum ausgestattet.
Heute gibt es in der Schweiz rund 360000 Bunker in Häusern, Instituten, Spitälern, dazu kommen rund 5000 öffentliche Bunker, mit einem Deckungsgrad, der sogar 100% der Bevölkerung übersteigt.
Im Jahr 2012 schreibt das Bundesgesetz vor, dass Schutzräume nur in Neubauten mit mehr als 38 Zimmern oder in Gemeinden, in denen es nicht genügend Schutzräume gibt, gebaut werden dürfen. Deshalb bauen Privatpersonen heute nur noch selten neue Bunker und ziehen es vor, für jeden nicht gebauten oder verdrängten Platz eine jährliche Gebühr an den Kanton zu zahlen und so Raum für persönliche Bedürfnisse zu „gewinnen“. Im Gegenzug wurden mehr öffentliche Notunterkünfte gebaut.
Atomschutzbunker in der Welt
In Europa sind nur Schweden, das etwa 80% der Bevölkerung aufnehmen kann, und Finnland, das etwa 70% abdecken kann, angemessen organisiert.
Die anderen europäischen Länder sind in dieser Hinsicht überhaupt nicht bereit: Österreich beispielsweise kann höchstens 30% der Bevölkerung aufnehmen, und die meisten Notunterkünfte sind nicht mit einem Belüftungssystem ausgestattet, während Deutschland nur 3% der Bevölkerung aufnehmen kann.
In China, Südkorea und Singapur sind derartige Bauten weit verbreitet, doch übersteigt der Versorgungsgrad nie 50%.
Israel verfügt über Schutzräume, die nicht vollständig wasserdicht sind und nur zwei Drittel der Bevölkerung aufnehmen können.
Sonnenberg-Autobahntunnel
In Luzern befand sich das größte Zivilschutzbauwerk der Welt, in dem bis zu 20.000 Menschen Schutz finden konnten: der Sonnenbergtunnel.
Dieses Bauwerk wurde 1976 eröffnet und beherbergte in den sieben Stockwerken über dem Tunnel auch ein Spital, einen Operationssaal und ein Radiostudio. Er wurde 2006 abgebaut, wobei eine Fläche für etwa 2.000 Personen erhalten blieb.
Die 1,5 Meter dicken und 350.000 Kilo schweren Türen dieses Bunkers hielten einer Explosion einer 1-Megatonnen-Atombombe im Umkreis von einem Kilometer stand.
Dieser Tunnel wurde 1999 benutzt, um einige Bewohner des vom Hochwasser betroffenen Goms (Kanton Wallis) unterzubringen.
Abschaffung der Pflicht zum Bau von Schutzräumen
In der Schweiz reichte der damalige Nationalrat Pierre Kohler 2005 eine parlamentarische Initiative ein, die die Abschaffung der Pflicht zum Bau von Schutzräumen in Privathäusern forderte, wobei er auf die Nutzlosigkeit der Schutzräume und die Tatsache hinwies, dass sie den Baupreis der Häuser übermäßig belasten.
Die Regierung kam jedoch zu dem Schluss, dass sie nicht nur im Falle eines bewaffneten Konflikts, sondern auch bei terroristischen Angriffen mit Atomwaffen, chemischen Unfällen oder Naturkatastrophen nützlich sind.
Norwegen hingegen hat die Bunkerpflicht 1998 abgeschafft.
Sirenen und Alertswiss App
In der Schweizerischen Eidgenossenschaft sind insgesamt rund 7200 feste und mobile Sirenen aufgestellt.
Jeden ersten Mittwoch im Februar findet in der ganzen Schweiz der jährliche Sirenentest statt. Dabei werden sowohl die Sirenen für den allgemeinen Alarm als auch jene für den Wasseralarm getestet.
Neben dem Alarmsystem über Sirenen und Radioinformationen gibt es die Dienste von Alertswiss.
Auf der Website von alertswiss finden Sie alle relevanten Informationen über die Vorbereitungen und das richtige Verhalten bei Katastrophen und in Notsituationen.
Die Bürgerinnen und Bürger sind zudem angehalten, die neuen Alarmierungs- und Informationskanäle zu nutzen und die kostenlose Alertswiss-App auf ihrem Smartphone zu installieren. Die App ist für Android- und iOS-Systeme verfügbar und kann im Google Play Store und im Apple’s App Store heruntergeladen werden.
Mit dieser App können Sie Alarme, Warnungen und Informationen zu einer Vielzahl von Gefahren direkt auf Ihr Smartphone erhalten.
Jodtabletten
In der Schweiz werden an Standorten im Umkreis von 50 km um ein Kernkraftwerk vorsorglich Jodtabletten an die Bevölkerung verteilt, um zu verhindern, dass sich radioaktives Jod in der Schilddrüse anreichert und Schilddrüsenkrebs verursacht.
Für Standorte, die weiter als 50 km entfernt sind, legen die Kantone Vorräte an, um sie im Bedarfsfall an die Bevölkerung zu verteilen.