Die deutschsprachige Schweiz streicht Französisch aus der Primarschule
Einige deutschsprachige Kantone streichen Französisch aus der Primarschule, um sich auf Englisch zu konzentrieren. In den anderen Sprachregionen sieht die Lage jedoch ganz anders aus.

In der Schweiz nimmt die Debatte über den Sprachunterricht zu. In den deutschsprachigen Kantonen entscheiden sich immer mehr Parlamente dafür, Französisch erst in der Sekundarstufe einzuführen. Vorreiter sind Zürich, St. Gallen und Appenzell Ausserrhoden, während in Kantonen wie Thurgau, Basel-Landschaft und Bern die Diskussion noch andauert. Es geht dabei nicht darum, Französisch vollständig abzuschaffen, sondern es später im Lehrplan zu verankern.
Die Gründe der Deutschsprachigen
Die Hauptargumente sind klar: die Arbeitsbelastung der Schülerinnen und Schüler zu verringern, Englisch Vorrang zu geben, dem Mangel an qualifizierten Lehrkräften zu begegnen und ein System zu korrigieren, das nach Ansicht der Kritiker trotz jahrelangen Frühunterrichts keine konkreten Ergebnisse liefert.
Die Kunst der Mehrsprachigkeit in der Schweiz
Und anderswo in der Schweiz?
Die Entscheidung der deutschsprachigen Kantone stößt in den anderen Sprachregionen auf keine Unterstützung, dort bleibt der Unterricht der Landessprachen eine Priorität.
- Westschweiz (französischsprachig): Hier beginnen die Kinder früh mit dem Deutschunterricht, der als wesentlich angesehen wird, um mit der deutschsprachigen Mehrheit des Landes zu kommunizieren. Deutsch wird oft schon in den ersten Jahren der Primarschule eingeführt und später von Englisch begleitet.
- Tessin (italienischsprachig): Die Lehrpläne beinhalten sowohl Französisch als auch Deutsch, beide Landessprachen, zusätzlich zu Englisch. Obwohl die sprachliche Belastung hoch ist, wird sie als notwendig angesehen, um die Verbindungen zu den anderen Regionen der Eidgenossenschaft aufrechtzuerhalten und den Schülern bessere berufliche Chancen zu ermöglichen.
- Graubünden (rätoromanischsprachig): Der trilinguale Kanton ist ein Sonderfall. Hier spiegeln die Lehrpläne von Anfang an die lokale sprachliche Vielfalt wider: Die Kinder lernen Rätoromanisch, Deutsch und Italienisch bereits in den ersten Jahren, und Französisch wird kurz danach eingeführt. Auf diese Weise wird die Koexistenz verschiedener Idiome konkret geschätzt, und die Schüler werden darauf vorbereitet, sich in einem komplexen nationalen und internationalen Umfeld zu bewegen.
In diesen Regionen ist das Erlernen der Landessprachen also nicht nur eine formale Pflicht, sondern ein kulturelles und identitätsstiftendes Element: Die Schulen akzeptieren die Belastung durch reichhaltigere Lehrpläne, überzeugt davon, dass Mehrsprachigkeit ein unverzichtbarer Vorteil für die Schweiz ist.
Die Intervention aus Bern
Die Entscheidungen der deutschsprachigen Schweiz haben jedoch den Bundesrat alarmiert, der das Eidgenössische Departement des Innern beauftragt hat, eine Änderung des Sprachenrechts vorzubereiten. Ziel ist es sicherzustellen, dass die Kantone, falls nötig, verpflichtet sind, bereits in der Primarschule eine zweite Landessprache zu unterrichten.
Die Regierung befürchtet, dass die Strategie der deutschsprachigen Kantone die nationale Kohäsion gefährden könnte, und erinnert daran, dass Mehrsprachigkeit eine der Grundlagen der Eidgenossenschaft ist. In der Vergangenheit legte das HarmoS-Konkordat (2009) gemeinsame Regeln für das frühe Erlernen von zwei Fremdsprachen, einer Landessprache und Englisch, fest. Angesichts eines möglichen Rückschritts will Bern nun vorbereitet sein.
Es gibt zwei Optionen: Das aktuelle HarmoS-Modell direkt gesetzlich verankern oder einen Mindeststandard festlegen, der den Kantonen mehr Spielraum lässt, aber dennoch das Erlernen einer zweiten Landessprache von der Primarschule bis zum Ende der unteren Sekundarstufe vorschreibt.






