Schweizer Abstimmungsergebnis vom 24. November 2024
Bei der eidgenössischen Abstimmung am 24. November 2024 sagen die Schweizerinnen und Schweizer Ja zur einheitlichen Finanzierung des Gesundheitswesens, lehnen aber den Ausbau der Autobahnen und neue Mietzinsregeln ab.
Bei der eidgenössischen Abstimmung vom 24. November 2024 stimmten die Schweizer Stimmberechtigten über vier Themen ab, wobei die Ergebnisse die regionalen Unterschiede und die Prioritäten der Wählerschaft deutlich widerspiegeln. Bei den Kernthemen stimmte das Volk mit 53,3 Prozent Ja-Stimmen dem neuen Finanzierungssystem für das Gesundheitswesen zu, einer historischen Reform, die die Behandlung von ambulanten und stationären Leistungen vereinheitlicht. Abgelehnt wurden hingegen die Pläne zum Ausbau des Autobahnnetzes und die Gesetzesänderungen zu den Mieten.
Gesundheitswesen: eine historische Reform
Das neue, von Regierung und Parlament unterstützte Finanzierungssystem des Gesundheitswesens zielt darauf ab, die Effizienz zu steigern und die Gesundheitskosten zu senken. Die Revision sieht vor, dass die Kantone etwas mehr als ein Viertel der Kosten übernehmen, während der Rest von den Krankenkassen getragen werden soll. Die Stimmbeteiligung lag bei 44,9 Prozent, aber die Reform wurde in vielen deutschsprachigen Kantonen positiv aufgenommen, mit Spitzenwerten in den östlichen Regionen. Die französischsprachigen Kantone lehnten die Reform hingegen deutlich ab, wobei Genf und Neuenburg über 65% Nein-Stimmen verzeichneten.
Die einheitliche Finanzierung der stationären, ambulanten und Langzeitpflege werde schrittweise eingeführt, betonte die Bundesrätin. Ab 2028 soll sie die stationären und ambulanten Leistungen umfassen, ab 2032 auch die Langzeitpflege.
Infrastruktur: Nein zum Ausbau des Autobahnnetzes
Die Vorlage zum Ausbau von sechs Abschnitten des Schweizer Autobahnnetzes wurde mit 52,7 Prozent der Stimmen abgelehnt. Das Projekt, das mit erheblichen Investitionen in der Ausbauphase verbunden gewesen wäre, hat die Stimmbürger nicht überzeugt. Zu den Hauptgründen für das Nein gehörten Umweltbedenken und eine wachsende Skepsis gegenüber grossen Infrastrukturprojekten.
Gegen den Strom schwammen die Auslandschweizer, die sich mit überwältigender Mehrheit für den Autobahnausbau aussprachen. Mögliche Erklärungen sind die Wahrnehmung der Schweizer Autobahnen als überlastet im Vergleich zu denen in ihren Heimatländern und eine Änderung der Prioritäten.
Die Ablehnung der Autobahnausbaupläne durch die Schweiz hat viele internationale Beobachter überrascht. Ein Grund für das Nein des Volkes könnte laut „Zeit online“ die Sorge über die starke Zuwanderung sein, mit der die Schweiz seit Jahren konfrontiert ist. Obwohl das Ergebnis des Referendums auf den ersten Blick ein Triumph für die rot-grünen Parteien und die Umweltverbände zu sein scheint, kann es auch als Sieg der konservativen Kräfte interpretiert werden, bei denen die Debatte über die Freizügigkeit traditionell großen Rückhalt genießt.
Mieten: neue Regeln abgelehnt
Auch die neuen Mietvorschriften wurden abgelehnt. Der Vorschlag, die Kündigung von Mietverträgen zu erleichtern und die Anforderungen für die Untervermietung zu verschärfen, wurde mit 53,8 % der Stimmen abgelehnt. In einem Land, in dem 60 Prozent der Bevölkerung in Mietwohnungen leben, zogen es die Wählerinnen und Wähler vor, den derzeitigen Schutz für Mieterinnen und Mieter beizubehalten.
Nach den Daten von Eurostat 2022 ist die Schweiz das Land mit dem geringsten Anteil an Eigenheimbesitzern: Nur 38,2 % der Bevölkerung besitzen eine Immobilie, einschließlich derjenigen, die eine Hypothek oder einen laufenden Kredit haben.
Andere kantonale Abstimmungen
Der Kanton St. Gallen stand kürzlich im Zentrum einer hitzigen Steuerdebatte. Die Abstimmung über die Erhöhung des Pendlerabzugs führte zu Auseinandersetzungen zwischen städtischen und ländlichen Gebieten. Der Vorschlag, den Steuerabzug auf 8’000 Franken zu erhöhen, wurde mit 51 Prozent der Stimmen angenommen.
Darüber hinaus wurden zwei weitere wichtige Initiativen zur Abstimmung gebracht: die Annahme der 7. Änderung des Sozialhilfegesetzes, die von 84% der Stimmenden unterstützt wurde, und die Einführung von Finanzierungsmassnahmen für die Pflegeausbildung, die 88% Zustimmung erhielt. Diese Ergebnisse spiegeln das kontinuierliche Engagement des Kantons St. Gallen für die Verbesserung der Steuer- und Sozialpolitik wider, mit einem Schwerpunkt in den Bereichen Pflege und Berufsbildung, aber auch einer klaren Trennung zwischen städtischen und ländlichen Gebieten.
Ebenfalls in diesem Kanton lehnten die Bürgerinnen und Bürger der Gemeinde Uznach am 24. November im Zuge der Ablehnung grosser Infrastrukturprojekte mit 57 Prozent der Stimmen den Gemeindebeitrag an den Bau der regionalen Verbindungsstrasse A15-Gaster ab, der als Chance zur Verkehrsentlastung des Dorfes gesehen wurde.
Die Bürgerinnen und Bürger des Kantons Uri haben mit 66,4 Prozent der Stimmen die Initiative „Isleten für alle“ der Grünen abgelehnt, die ein ehemaliges Industriegebiet in ein natürliches Erholungsgebiet umwandeln wollte. Das Projekt des ägyptischen Unternehmers Samih Sawiris, auf der Halbinsel Isleten ein Hotel, Wohnungen, Residenzen und Bungalows zu errichten, kann somit weiterverfolgt werden.
Im Kanton Neuenburg wurde die Aufnahme des Rechts auf digitale Integrität in die Kantonsverfassung mit 91,5 % Ja-Stimmen angenommen. Die digitale Integrität umfasst das Recht auf Schutz der persönlichen Daten, Online-Sicherheit, Offline-Privatsphäre und Vergessen. Sie umfasst auch die Förderung der digitalen Integration und die Sensibilisierung für diese Themen. Obwohl sich die Kantonsregierung skeptisch über mögliche überhöhte Erwartungen äusserte, wurde der Erlass als positives Signal für die digitalen Rechte unterstützt. Auf kantonaler Ebene wurde eine ähnliche Initiative in Genf angenommen, während sie im Wallis abgelehnt wurde. Auf Bundesebene wurde eine ähnliche Initiative im Jahr 2022 vom Nationalrat abgelehnt.
In Basel-Stadt wurde der Kredit von 37,5 Millionen Franken für das Rahmenprogramm des Eurovision Song Contest 2025 mit 66,57 Prozent der Stimmen gutgeheissen. Die Finanzierung deckt die Kosten für Infrastruktur, Sicherheit, Transport und Unterkunft mit geschätzten Ausgaben von rund 35 Millionen Franken, die durch 2,5 Millionen Franken aus dem Public-Viewing-Programm „Arena Plus“ im Stadion St. Jakob-Park ausgeglichen werden.
Gleichzeitig lehnten die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger mit 55,58% Nein (32’377 gegen 25’875) eine Vorlage ab, die Ausländerinnen und Ausländern mit einer C-Bewilligung, die sich seit mindestens fünf Jahren im Kanton aufhalten, das Stimm-, aber nicht das Wahlrecht zugestanden hätte. Die Vorlage erforderte eine Änderung der Kantonsverfassung und wurde dem obligatorischen Referendum unterstellt.
Im Kanton Luzern wurde eine Änderung des Planungs- und Baugesetzes zur Erleichterung des Baus von Windkraftanlagen mit einer Mehrheit von 68,5 Prozent angenommen. Das neue Bewilligungsverfahren für Grossanlagen stützt sich auf einen kantonalen Richtplan mit 22 möglichen Standorten.
Im Kanton Zug wurde die Revision des Waldgesetzes mit grossem Mehr angenommen. Ziel ist es, die Flora und Fauna im Wald besser zu schützen und ihn gleichzeitig als Erholungsraum zugänglich zu halten. Unter anderem dürfen Velofahrerinnen und Velofahrer künftig nur noch auf Waldstrassen und speziellen Mountainbike-Routen fahren, nicht aber auf Waldwegen. Darüber hinaus wurde ein Verbot für das Fliegen von Drohnen im Wald eingeführt. Der Verein Mountainbike Zug hatte gegen diese Einschränkungen das Referendum ergriffen, das jedoch mit 51,2 Prozent abgelehnt wurde.
Im Kanton Genf fanden Abstimmungen zu verschiedenen Themen statt.
Senkung der Einkommenssteuer: Der Vorschlag, die Einkommenssteuern zu senken, wurde von der Bevölkerung abgelehnt. Wäre sie angenommen worden, wäre die Senkung 2025 in Kraft getreten und hätte vor allem der Mittelschicht zugute gekommen, die eine Steuersenkung von mehr als 11 % erfahren hätte, während die Bezieher hoher Einkommen eine Senkung von 5 % erhalten hätten.
Tarife des öffentlichen Verkehrs: Es wurde eine Änderung vorgeschlagen, die die Festlegung der Tarife für den öffentlichen Verkehr im Kanton Genf geändert hätte. Das Gesetz hätte diese Zuständigkeit vom Grossen Rat auf andere Gremien übertragen. Der Vorschlag wurde angenommen.
Stadtplanung: Eine Gesetzesänderung betreffend den „Plan localisé de quartier (PLQ)“, der die Genehmigung von Stadtentwicklungsplänen für Quartiere regelt, wurde von 69,6% der Bevölkerung abgelehnt. Die Änderung hätte die Zustimmung der Grundeigentümer vorausgesetzt, bevor das Planungsverfahren eingeleitet wird.
Im Kanton Aargau wurde eine Initiative, die die Einführung des Stimmrechts auf kantonaler und kommunaler Ebene ab 16 Jahren vorsah, mit 79,7 % abgelehnt. Der Vorschlag wurde von den Jugendbewegungen der wichtigsten Parteien (mit Ausnahme der SVP) lanciert. Die Befürworter, darunter die SP, die Grünen, die Grünliberalen und die Evangelischen, verwiesen auf das Beispiel des Kantons Glarus, wo das Stimmrecht bereits 16-Jährigen zugestanden wird. Ähnliche Initiativen waren kürzlich in den Kantonen Zürich und Bern abgelehnt worden.